Daily Flip Das Eintracht Tagebuch seit 1999.

Ralf Webers Comeback könnte tatsächlich noch einmal Realität werden!

Ralf Webers Comeback könnte tatsächlich noch einmal Realität werden! Das bisherige, auf ihn persönlich abgestimmte Einzeltraining hat er gut überstanden. Nächste Woche soll er dann ins Mannschaftstraining einsteigen. Wenn das klappt… Sasa Cirics Heilungsverlauf nimmt jedoch genau den entgegengesetzten Weg. Er muss am 29.03 noch einmal an der Achillessehne operiert werden und fällt bis Saisonende aus. Morgen ist es also soweit - Jan-Aage Fjörtoft, Kultfigur und Publikumsliebling am Riederwald, wird zum letzten Mal das Adlertrikot überstreifen. Aus diesem Anlass werde ich jetzt mal auf zweieinhalb mehr als unterhaltsame Jahre mit unserem Norweger zurückblicken: Die ganze Geschichte beginnt im November 1998. Die Eintracht, gerade aus der zweiten Liga aufgestiegen, liegt auf einem gesicherten Mittelfeldplatz. Vor dem Auswärtsspiel in Dortmund wird der in Deutschland völlig unbekannte Jan-Aage Fjörtoft vom FC Barnsley verpflichtet. Nach eigenen Angaben kam er “um für Tore Pedersen eine Frau zu finden”. Auch wenn das erste Spiel mit ihm verloren ging, zeigte er schon, dass er eine Verstärkung für Horst Ehrmantrauts Team werden könnte, er war bester Frankfurter. Fjörtofts Debüt fiel in eine schwere Zeit, als Gernot Rohr schon lange gegen den allseits beliebten Trainer mobbte. Der Norweger kam leider zu spät, um dessen Stuhl zu retten: Nach einer Niederlage im nächsten Spiel gegen Schalke 04, in dem Fjörtoft sein erstes Tor für Eintracht Frankfurt schoss, musste der Trainer gehen. In den beiden Spielen unter Interimscoach Lippert gelang der Mannschaft auch kein Sieg, so dass der Abstiegskampf immer akuter wurde. Hier sollte Fjörtoft später noch eine entscheidende Rolle spielen… Nach der Entlassung Ehrmantrauts folgte auch für den Norweger eine harte Bewährungsprobe: Ein Zitat aus einem vertraulichen Gespräch mit Gernot Rohr, in dem Fjörtoft Ehrmantrauts Training mit der Hitlerjugend verglich, wurde von dem Manager an die Öffentlichkeit gebracht. Sogleich musste er erkennen, dass in Frankfurt Intrigen, Neid und Streitereien an der Tagesordnung sind. Unter Reinhold Fanz hielt sich Fjörtoft deshalb aber nicht mit seinen Äußerungen zurück. Glücklicherweise blieb er seiner Linie treu und sagte offen seine Meinung - eine Eigenschaft, die ihn bei den Fans beliebt machte und zugleich immer treffend die momentane Situation analysierte. Sportlich war es für ihn im Frühjahr 1999 nicht leicht. Unter dem neuen Trainer bekam er nur sporadische Einsatzzeiten, unverständlich wenig für einen Mann seiner Klasse angesichts der Alternativen im Sturm… Am 24. Spieltag kam es zum Abstiegsduell mit dem VfL Bochum. Und hier machte er all seinem Unmut Luft. Obwohl es mit Christoph Westerthaler nur noch einen gesunden Stürmer neben ihm gab, bekam der 18jährige Stephan Zinnow den Vorzug in diesem wichtigen Spiel. Fjörtoft wurde später noch eingewechselt und schoss bezeichnenderweise den Siegtreffer. Nach dem Spiel legte er sich zurecht auch verbal ins Zeug. Offen übte er Kritik am Trainer, der nach nur drei weiteren Spielen seinen Hut nehmen musste: “Wenn man eine schnelle Mannschaft möchte, soll man elf Leichtathletiker kaufen!” und “Wenn man norwegisches Wasser geholt hat, kann man nicht erwarten, dass es italienischer Wein ist!” Wie immer mischte er in seine Aussagen eine gehörige Portion Selbstironie. Er war sich natürlich bewusst, dass er weder ein Sprinter noch ein Filigrantechniker war. Aber Fjörtoft war ein Mann, der immer für wichtige und entscheidende Tore gut war. Jetzt kam Jörg Berger als Feuerwehrmann, um zu retten, was zu retten war. Fortan war Fjörtoft gesetzt. Sein nächstes Tor gelang ihm gegen Borussia Dortmund am 32. Spieltag. Mittlerweile hatte sich gezeigt, dass der Norweger mit vollem Einsatz bei der Sache war und die Eintracht in sein Herz geschlossen hatte. Am vorletzten Spieltag leitete er mit seinem Tor zum 1:2-Anschlusstreffer auf Schalke die Wende ein und sorgte so für das Abstiegsendspiel am 29. Mai 1999, dem Tag, an dem der Norweger Geschichte schrieb. Das Szenario ist bekannt: 33 Spiele und 89 Minuten lagen hinter den Akteuren und die Eintracht war ein Tor, ein mickriges Tor vom Verbleib in der ersten Bundesliga entfernt. Dann schlug die große Stunde von Jan-Aage Fjörtoft. Kurz vor dem Strafraum kam er freistehend an den Ball, lief aufs Tor zu… machte einen Übersteiger und schickte damit den Lauterer Keeper in die falsche Ecke ehe er im selben Bewegungsablauf zum rettenden 5:1 einschoss. Der Jubel war groß - ein Held geboren! Von nun an war Fjörtoft in aller Munde und wurde zum beliebtesten Spieler im Frankfurter Trikot. In der Hinrunde der neuen Saison 99/00 lief es bekanntlich sehr schlecht. Bis zuletzt hielt Fjörtoft zu Trainer Berger, mit dessen Schicksal er sein eigenes eng verknüpft hatte. Aber auch er konnte den Niedergang der Elf nicht aufhalten. Im Spiel gegen Bayern München wurde er zum tragischen Helden, als er einen Elfmeter verschoss und die Vorentscheidung damit verpasste. Auch in dieser Phase war er immer selbstkritisch und dennoch lustig: “Den hätte wohl auch mein Sohn gehalten!” Unter dem als Schleifer bekannten Felix Magath hatte er es wieder sehr schwer. Eine Zeit lang war er nicht mal im Kader, bis er wieder einmal gegen Dortmund zu einem großen Auftritt kam. Als Joker gebracht, erzielte er mit seinem ersten Ballkontakt den wichtigen Ausgleich. Trotzdem kam er bis Saisonende nicht über die Rolle als Joker hinaus, was seiner Popularität jedoch keinen Abbruch tat. Auch in der laufenden Saison kam er unter Magath nur zu wenigen Einsätzen. Erst als “es nur noch die Wahl gab, zwischen dem Busfahrer und mir”, setzte der Trainer auf ihn: “Der Busfahrer hatte seine Schuhe vergessen.” Mit tollen Toren meldete er sich zurück (u.a. dem Heber zum historischen 2:1 in München). Doch weil er keine Perspektive mehr in Frankfurt sah, bat er um die Freigabe für einen Wechsel nach Norwegen in der Winterpause. Die wurde ihm zunächst gewährt. Erst als die Verantwortlichen bemerkten, was sie an Fjörtoft hatten, wurde der Wechsel-Termin auf Mitte März verschoben. Morgen nun läuft Jan-Aage Fjörtoft zum letzen Mal für die Eintracht auf. Sportlich ist die Lage weiterhin prekär. Das wird jedoch durch die bevorstehende Abschiedsfeier mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt. An dieser Stelle möchte ich jetzt noch ein paar persönliche Worte an den Spieler richten, der mir den unvergesslichsten Moment in meinem Leben als Eintracht-Fan bescherte: “Lieber Jan, morgen trennen sich (vorerst) unsere Wege. Ich kann deine Entscheidung zwar verstehen, aber einen Spieler wie dich kann die Eintracht nicht ersetzen! Du bist ein echter Typ - auf dem Platz und neben dem Platz. Deine Tore waren wichtig, sie waren schön, sie waren entscheidend! Deine Sprüche (siehe auch unsere Sprüchesammlung) waren immer auf den Punkt genau zutreffend! Sie waren voller Ironie und Witz, und das in einer fremden Sprache! Du warst immer auf das Wohl des Vereins bedacht und stets loyal. Auch in Zeiten, in denen du oft nicht nachvollziehbar auf der Bank schmoren musstest, stelltest du dich in den Dienst der Mannschaft! Ich werde dich nie vergessen! Nicht nur wegen deinem legendären Übersteigertor gegen Kaiserslautern wirst du immer in meinem Herzen verbleiben! Die letzen gut zwei Jahre waren eine tolle Zeit, in der du aber auch alle Schattenseiten des Fußballs in Frankfurt miterleben musstest: 6 Trainer, zwei Präsidien, eine führungslose Zeit, in der der Lizenzentzug drohte, Mobbing, fehlende Kompetenz, Intrigen… Das alles musstest du durchmachen und warst stets ein Vorbild! Dein Name wird in Frankfurt auf ewig einen guten Klang haben. Ich wünsche dir von Herzen alles Gute für deine sportliche Zukunft in Stabaek. Vielleicht kommst du ja irgendwann noch einmal nach Frankfurt zurück. Egal in welcher Funktion - du wirst mit offenen Armen empfangen! Für morgen wünsche ich dir einen unvergesslichen Abgang. Hoffentlich bekommst du die Bühne, die dir gebührt, und verabschiedest dich mit einem Tor, ehe es heißt: “Time to say goodbye”. Tief im inneren werde ich mit Sicherheit eine Träne verdrücken. Ich, ach was, alle Fans von Eintracht Frankfurt werden dich vermissen. Bleib so, wie du bist! Du warst und bist ein würdiger Adlerträger!”
Jan-Aage Fjörtoft schoss in 51 Bundesligaspielen für Eintracht Frankfurt 14 Tore, darunter das über den Klassenerhalt entscheidende im Jahre 1999. Für Norwegen erzielte er in 71 Länderspielen 20 Tore. Oh Mann, das hört sich ja an, wie auf einer Beerdigung. Aber irgendwie stimmt es ja: Mit seinem Abschied stirbt auch ein Teil von Eintracht Frankfurt. Eine Integrationsfigur, Publikumsliebling und Vorbild geht. Wir Fans sollten ihm morgen einen tollen Tag bereiten. Deshalb: Geht alle ins Stadion und sorgt für Riesenstimmung! (Aber ich will ja niemanden beeinflussen…) Dann wird es auch für uns unvergesslich bleiben…

Zurück