Daily Flip Das Eintracht Tagebuch seit 1999.

Ein Tag mit meiner Lieblings-Innenarchitektin - oder eine kilometerlange Geschichte von Hochhäusern, Uhren und Flüssen...

Gestern war es soweit: Trotz schlechten Wetters kam es zum ersten Zusammentreffen zwischen mir und meiner als Lichtblick bekannten Lieblings-Innenarchitektin. Gegen 17.20 Uhr (deutscher Atomzeit) fuhr die S-Bahn aus Mainz an der Hauptwache ein. Dank einer exakten Beschreibung (klein, blond, mit schwarzem Mantel) hatte ich trotz leicht erhöhten Blutdrucks keine Mühe, meine Lieblings-Innenarchitektin in der Menschenmenge ausfindig zu machen…

Kaum war sie angekommen informierte sie sich sofort über ihre Abfahrtszeiten für den Rückweg, blieb mir aber trotzdem noch ein paar Stunden erhalten. Nachdem ich an dann in völliger Orientierungslosigkeit den Weg an die Oberfläche gefunden hatte, standen wir mitten im Getümmel auf der Zeil. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon geschätzte fünf Worte gesagt - kein schlechter Schnitt für den Anfang ;-) Meine Lieblings-Innenarchitektin war schon etwas gesprächiger - Glück gehabt. Dann starteten wir zu einer “kleinen” Sightseeing-Tour durch Frankfurt. An der Paulskirche vorbei ging es zum Römer. Ich konnte mir natürlich nicht verkneifen, den Balkon besonders hervorzuheben, auf dem nicht nur unsere Nationalmannschaft, sondern auch die Eintracht schon das ein oder andere Mal empfangen worden war. Nachdem wir auch noch kurz den etwas verloren wirkenden Weihnachtsbaum begutachtet hatten, sahen wir auch schon einen Fluss. Gerüchte besagen, dass es sich dabei um einen der Namensgeber des Rhein-Main-Gebietes handelte. Nur welchen? Und dann nahm ein Wahnsinnsmarsch seinen Anfang ;-) Vom Eisernen Steg liefen wir an der Untermainbrücke vorbei in Richtung des architektonisch wertvollen Holbeinstegs, der meiner Lieblings-Innenarchitektin immerhin ein Begriff war. Nebenbei gelang es mir ausnahmslos jede Frage der jungen Dame über die Skyline und sämtliche anderen Frankfurter Gebäude zu beantworten. Von kleineren Ausnahmen einmal abgesehen. :-) (das eine Hochhaus, an dem ich scheiterte, beherbergt natürlich die DZ Bank und ist laut Wikipedia “eines der bekanntesten Hochhäuser der Stadt” *hüstel*). Als nächstes überquerten wir den Holbein-Steg. Am Museumsufer (auch bekannt als Schaurheinkai) und vorbei an einigen merkwürdig beleuchteten Gebäuden ging’s jetzt zurück Richtung Eisener Steg. Aber unsere Brückentour war noch nicht zu Ende: Alte Brücke, Ignatz-Bubis-Brücke, Flößerbrücke… und selbst die Deutschherrnbrücke hätten wir noch geschafft, wenn es an dem Weg eine Straßenbeleuchtung gegeben hätte. Aber es gab dort noch nicht einmal eine der “Leselampen”, über die sich meine Lieblings-Innenarchitektin zuvor lustig gemacht hatte. Zwar hätte ich als Top-Judoka meine Beschützerrolle auch in dieser unheimlichen Umgebung wahrgenommen. Nur da ich ja mit einem ehemaligen Gelbgurt unterwegs war, der nicht nur Kissen in den Würgegriff nimmt, sondern mich zuvor schon einmal fast in den Main geschubst hatte, fragte ich mich, wer denn mich beschützen würde und plädierte auf Umkehren. Also benutzte ich zum wahrscheinlich ersten und letzten Mal die Flößerbrücke. Zuvor allerdings zeigte ich noch einmal meine genaue Ortskenntnis. Auf die Frage welcher Turm denn “dieses Licht dahinten” ausstrahlt, gab es nämlich nur eine Antwort: Dieser formschöne Wolkenkratzer war ein Baukran… ;-)
Bis jetzt hatte ich mich in meiner Rolle als Stadtführer mehr oder weniger blamiert, aber kurz darauf begann ich wirklich an mir zu zweifeln. Meine Lieblingsinnenarchitektin behauptete steif und fest, dass unser Fernsehturm das Signal für die Funkuhren aussendet. Das hatte ich noch nie gehört und ich hätte normalerweise sogar das kleine Plastikstück aus meinem Portemonnaie dagegen gewettet. Aber da sie als Halb-Mainz-halb-Berlinerin sich besser in Frankfurt auszukennen schien als ich, war ich vorsichtig geworden. Aber wir hatten beide ein bisschen Recht: Meine Recherchen haben ergeben, dass DIE Atomuhr schlechthin in Deutschland bei der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt in Braunschweig beheimatet ist. Und gesendet wird das Signal an die Funkuhren vom Sender in Mainflingen bei Frankfurt (nie gehört). Also lag meine Lieblings-Innenarchitektin mit dem Ort nicht ganz so falsch und ich behielt mit unserem Fernsehturm Recht. Während wir jetzt noch über ein Flackern auf einem Dach an einer Brücke nachdachten, begann es urplötzlich heftigst zu regnen ;-) Glücklicherweise waren wir schon nicht mehr weit von der Innenstadt entfernt, wo ich ja schon einen Ort auserkoren hatte, an dem wir uns von dem “kleinen” Spaziergang erholen konnten. Eine heiße Schokolade (die überraschenderweise heiß war) und einen Cappucino später wurde es dann ziemlich warm. Meine Lieblings-Innenarchitektin, die sich den Platz mit dem besten Überblick gesichert hatte, bemühte sich das Gespräch am laufen zu halten, was mir bis auf ein paar kleine Ausnahmen wie immer nur schlecht gelang. Aber ich hielt mich tapfer. Nachdem ich den “Schock” überwunden hatte, dass dieses freche Wesen mir gegenüber noch eine Zwillingsschwester hatte (junge, junge, es gibt zwei von der Sorte… ;-) ), erfuhr ich, dass man in Berlin sechs Jahre lang in die Grundschule geht. Was es nicht alles gibt…
War ich vor unserem Treffen noch reich, muskulös, sympathisch, so wurde das im Laufe des Abend etwas korrigiert. Ich bin wohl eher reich, muskulös, sympathisch (?)… Als nächstes wurde ich mal wieder von Jürgen Klopp eingeholt. Wenn ein Mensch auch absolut keine Ahnung von Fußball hat, diesen Schaumschläger kennt jeder ;-) Aber irgendwie hat meine Lieblings-Innenarchitektin die Sache perfekt auf den Punkt gebracht. Denn während ich mich während der WM fragte, warum dieser Trainer jetzt auch noch als TV-Experte auftreten muss, war es bei ihr umgekehrt. Sie erfuhr in dem einen Monat Sommermärchen, dass dieser TV-Moderator auch Trainer in Mainz ist. Sensationelle Sichtweise ;-) Nachdem wir es dann geschafft hatten zu bezahlen ging’s mit einem italienisch-spanischen “hasta luego” von Barcelona in die Fressgass. Nachdem wir so lange nicht mehr gelaufen waren, wollten wir uns noch ein wenig die Füße vertreten. Also stoppten wir nur kurz an der Alten Oper und liefen dann bei nun tatsächlich einsetzendem Regen gut beschirmt durch Gegenden, die ich noch nie zuvor zu Fuß erkundet hatte. Wir schlugen uns immer tiefer ins Westend vor und landeten nach einem kurzen Taschentuchkauf bei Rewe auch im Grüneburgweg. Da ich in der Winterpause ja nicht über Fußball reden darf, verkniff ich mir die Bemerkung welche aufstrebende Fußball AG hier mal ihren Firmensitz hatte… Immer den Fernsehturm im Blick und die mysteriöse Uhrengeschichte im Hinterkopf bewegten wir uns jetzt langsam wieder zurück in Richtung Innenstadt. Da sie als kleiner Mensch (letzte Information: 1,58 m ist knapp daneben) nur schwer passende Hosen findet, bekam meine Lieblings-Innenarchitektin nun langsam von hinten nasse Füße. Nachdem sie mich dann endgültig “hinterschaut” hatte, stiegen wir zur S-Bahnstation Hauptwache hinunter. Völlig erschöpft sanken wir auf die erstbeste Bank. Jetzt ging alles blitzschnell: Während sie mir gerade von ihrem armen Rücken erzählte, fragte ich mich ob meine Bahn überhaupt so weit zu uns nach vorne fahren würde. Tat sie nicht und so musste ich plötzlich noch losrennen und konnte mich kaum noch vernünftig von meiner Lieblings-Innenarchitektin verabschieden. (Dies sei hiermit nachgeholt *umarm*) Nichtsdestotrotz war es aus meiner Sicht ein sehr schöner Abend. Wann hatte es zuletzt schon einmal eine nette, junge Dame so lange mit mir ausgehalten!? OK, sie war zwischenzeitlich natürlich auch seeehr frech und hat seeehr oft über mich gelacht und mich nicht immer wirklich ernst genommen :-) Aber ich habe auch sehr viel über Frankfurt erfahren und konnte meine gute Laune zum Jahresende noch einmal richtig auffrischen. Das war schon gut. Ok, als Stadtführer bin ich vielleicht noch ausbaufähig. Aber solange ich nicht eine perfekte Führung meiner Lieblings-Innenarchitektin durch Mainz bekommen habe, brauche ich mich auch nicht zu schämen :-) Nur ob es dazu kommt!? Wer weiß, wer weiß, vielleicht war ich ja doch nicht Flip, sondern nur ein Flop?

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